Die Baunormung wird vielfach als Hemmnis und als Einschränkung der Bautätigkeit gesehen. Sämtlichen am Bau Beteiligten ist klar, dass insbesondere die komplexen und umfangreichen Bemessungsnormen (Eurocodes) vereinfacht und verbessert
werden müssen. Die durchgängige, einfache und praktische Handhabbarkeit für Anwender in der Tragwerksplanung und in der Ausführung ist derzeit nicht gegeben.
Initiative “Praxisgerechte Regelwerke im Bauwesen”
2011 haben sich daher zehn Verbände (deutsche Ingenieurverbände, wissenschaftlichen Vereinigungen, Bauindustrie) zur Initiative „Praxisgerechte Regelwerke im Bauwesen“ (PRB) zusammengeschlossen, um durch pränormative Arbeiten die Praxistauglichkeit
der Eurocodes zu verbessern und rechtzeitig anwenderfreundliche Entwürfe vorzulegen.
Baustoff- und konstruktionsbezogen sind die Arbeiten innerhalb der PRB auf sechs Projektgruppen (PG) verteilt:
PG 1 – „Sicherheitskonzept /Einwirkungen“
PG 2 – „Betonbau“
PG 3 – „Stahlbau“
PG 4 – „Holzbau“
PG 5 – „Mauerwerksbau“
PG 6 – „Geotechnik“
Die Projektgruppe 4 / Holzbau (PG 4), die aus über zwanzig Wissenschaftlern, Ingenieuren und Holzbauunternehmern zusammengestellt wurde, beschäftigt sich vorrangig mit dem Eurocode 5 „Bemessung und Konstruktion von Holzbauten“ (EC 5).
Die Arbeit in der PG 4 ist auf eine enge Kooperation mit den nationalen und europäischen Normungsgremien, die frühzeitige Einbindung europäischer Fach- und Verkehrskreise sowie ein offenes Kommunizieren und Diskutieren der Arbeitsergebnisse
ausgerichtet. Nicht zuletzt beteiligt sich an dem Projekt neben nationalen Verbänden wie Holzbau Deutschland und der Studiengemeinschaft Holzleimbau auch der europäische Dachverband Timber Construction Europe
Abgeschlossenes Forschungsvorhaben (2015 – 2018)
Im Rahmen eines Forschungsvorhabens des Förderprogramms „Zukunft Bau“ wurden die Eurocodes durch die PRB-Projektgruppen zunächst insbesondere im Hinblick des „ease of use“ systematisch untersucht und auf Grundlage dieser Analyse Vorschläge
zur Verbesserung der Nachweiskonzepte und der Strukturen erarbeitet.
Als verbesserungswürdige Schwerpunktthemen hatten sich aus deutscher Anwendersicht insbesondere die Regelungen zu den stiftförmigen Verbindungsmitteln sowie die Bemessung und Detaillierung von Verstärkungsmaßnahmen herausgestellt. Desweiteren
wurden die Bemessung von Wand- und Deckentafeln sowie die Konkretisierung der Nachweise im Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit priorisiert. Auch die aktuellen Regelungslücken bei der Bemessung von Furnierschichtholz konnten geschlossen
werden.
In einer zweiten Phase wurden diese Vorschläge in die europäische Diskussion eingebracht. Insbesondere die Bemessungsansätze zu Verstärkungsmaßnahmen sowie zu Furnierschichtholz wurden im Wesentlichen bereits frühzeitig in die einzelnen
Entwürfe der Project Teams übernommen. In der konsolidierten Fassung vom Oktober 2021 fand erstmals auch die im Rahmen des Projektes erarbeitete Bemessung der Deckentafeln nach der erweiterten Schubfeldtheorie Eingang.
Dieses Forschungsvorhaben wurde 2018 abgeschlossen. Eine Übersicht der Projekte kann der folgenden Tabelle entnommen werden. Die Forschungsberichte der Projekte können beim Holzbau Deutschland – Institut angefragt werden [kontakt@institut-holzbau.de].
Aktuelles Forschungsvorhaben (2020 – 2022)
Seit 01/2020 wird das auf dem o.g. Projekt aufbauendende DIBt geförderte Forschungsvorhaben „Analyse der künftigen Eurocodes hinsichtlich der tatsächlich erreichten Verbesserung der Anwendbarkeit (Ease of Use)“ bearbeitet. Schon jetzt
ist erkennbar, dass es in vielen Fällen nicht zu einer Vereinfachung und damit einer Verbesserung der Anwendbarkeit kommt, sondern dass sich – teilweise durch neue Inhalte, die eher den Stand der Wissenschaft denn den Stand der Technik
repräsentieren – in einigen Eurocodes sehr umfangreiche, teilweise neue und gegebenenfalls nicht praxiserprobte Regelungen wiederfinden werden.
Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung dessen, dass bisher vorgesehenen ist, die neue, derzeit in Erarbeitung befindliche Generation der Eurocodes in Deutschland bauaufsichtlich einzuführen, ist im Rahmen des Projektes zu
klären, ob die notwendigen Voraussetzungen für eine bauaufsichtliche Einführung erfüllt sind.
Bezüglich des Holzbaus sind hierbei neben dem Eurocode 5 auch der Eurocode 8 sowie die Regelungen zum Holz-Beton-Verbundbau und zur Ausführung zu beachten. Aufgrund des aktuellen Standes und der inhaltlichen Diskussionen sowohl auf
nationaler als auch europäischer Ebene werden im Rahmen Forschungsvorhabens folgende Themengebiete mit Handlungsbedarf identifiziert und bearbeitet:
Das Projekt ist noch nicht abgeschlossen.
Die Revisionsarbeiten mit Kommentierung der aktuellen und zukünftigen Entwürfe laufen allerdings weiter. Die Publikation der neuen Versionen ist ca. Ende 2025 geplant. Somit handelt es sich bei den Aussagen und Empfehlungen im Rahmen dieses Projektes
um eine Momentaufnahme.
Weitere Informationen zur Initiative „Praxisgerechte Regelwerke im Bauwesen“: